Beerdigungen für die Kreative Klasse

Matthias Horx, FUTURE-GURU in Deutschland und anderswo, definiert die „kreative Klasse“ in seinem neuen Buch „Wie wir leben werden“ mit folgenden 5 Testfragen:
„1. Verdienen Sie Ihr Geld überwiegend mit Leistungen, die einen Unterschied erzeugen?

2. Wie Sie nur ungefähr, wie Ihre Tätigkeit in einem, in zwei oder fünf Jahren aussehen wird?

3. Haben Sie in Ihrem Leben schon mehrere Berufe ausgeübt?

4. Beträgt der zeitliche Aufwand, den Sie zum Üben, Trainieren und Weiterentwickeln Ihrer Fähigkeiten aufwenden, mehr als 50 Prozent der Zeit, in der Sie tatsächlich perfomen, als aktiv Geld verdienen?

5. Variiert Ihr Einkommen um mehr als 30 Orzent im Jahr – beziehungsweise kann es in den nächste Jahren um diese Schwankungsbreite variieren?

Wenn Sie auch nur eine dieser Fragem mit einem klarn „Allerdingst!“ beantworten, gehören Sie zumindest zum Umfeld des kreativen Millieus…“ S.132

Weiter beschreibt er die entscheidenden Unterschiede zum bisherigen Industriezeitaltergeprägten darin, dass Geld nicht mehr das Kernthema ist:
„Die Währung wird nicht mehr in Kontoständen ausgezahlt. Sondern in Aufmerksamkeit, sozialer Anerkennung, biografischem Wohlgefühl, Herausforderung. Alles „bohemische“ Kriterien für Lebensqualität. In unserer kosmopolitischen Kultur kann man ruhig ein armer Schlucker sein, wenn man eine gute Geschichte zu erzählen hat (das allerdingst ist Bedingung).“ S.133

Unter dem Stichwort „Leonardo-Prinzip“ verhandelt er die neue Wertschöpfungsmethode:
„Heute signieren Bauern mit ihren Unterschriften ihre Produkte – zum Beispiel Eier von freilaufenden Hühnern – und sogar Putzfrauen verewigen auf Toiletten ihr Wirken! Diese Individualisierung indiviudeller Differenzleistungen ist ein typisches Merkmal des Paradigmenwechsels. Ein indurstrielles Produkt lebt durch seine Normierung. Es unterscheidet sich vom handwerklichen Unikat durch beliebige Kopierbarkeit und geringen Preis.“S.135

Als ich all das las, kam mir der Gedanken, dass wir eine „industrielle“ Beerdigungskultur ablösen müssen durch eine „postindustrielle“ oder eine, die ins „conceptual age“ passt. Warum?

Nun, als Pfarrer erlebe ich Beerdigungen in der Regel als hypergenormte Veranstaltungen. Neben den Abläufen, Liedern und Ritualen der Bestattungsunternehmen, sind fast noch die Ansprachen austauschbar, ersetze in einigen Fällen nur den Namen und die Ansprache würde sö durchgehen.

Neulich sprach mich eine mir fremde Frau, die auf einer meiner Beerdigungen war an und sagte: So eine Ansprache habe ich ja noch nie gehört. Ich war natürlich neugierig, was denn so einmal an meiner Beerdigungsansprache gewesen sein sollte (ich sprach über – na, was glaubt ihr?- über Psalm 23, einen der häufigsten Beerdigungstexte wie ich annehme…).

Also fragte ich nach: Was denn der genaue Unterschied gewesen sei. Und ihre Antwort: Sie haben mit den Menschen gesprochen wie in einem Gespräch.

Der feine Unterschied besteht also nicht darin, was ich im einzelnen sage (Inhaltesebene), sondern wie ich es sage (Sprechakt-Ebene). Wenn ich die Lebensgeschichte eines Menschen in der Ansprache so thematisiere, dass es wie ein „Gespräch“ mit den Angehörigen klingt, hat das natürlich außerordentliche Folgen für die Inhalte: Ich werde automatisch keine Allgemeinplätze, keine Distanz, sondern Beziehung, Individualität, Einzigartigkeit kommunizieren. Ist das schon alles?

Zum Gespräch gehört auch immer ein unverwechselbares „Ich“. Und das bedeutet, dass ich als Prediger etwas von mir zeige, nicht einfach in einem so streng ritualisierten Setting. Aber es geht.

Erstaunliche Trends in den letzten Beerdigungen, die ich in meiner beschaulichen Kleinstadt erlebt habe: Die Lieblings-CD des Verstorbenen wurde aufgelegt, Gedichte der Verstorbenen wurden durch nahe Angehörige vorgetragen (ich hatte dazu ermutigt mit den Worten: Sie müssen es nicht machen wie man Beerdigungen allgemein macht…).

Wie könnte eine Beerdigung für die Mitglieder oder Angehörigen der kreativen Klasse gestaltet werden? (Gibt es die in Lemgo überhaupt, ist der unbedarfte Leser geneigt zu fragen. Sicherlich, nur ob sie noch in der Kirche zu finden ist, das ist sicher eine Frage wert.

Darum hier nun meine Idee für eine erneuerte Beerdigungskultur:

Idee: Ich biete maßgeschneiderte Beerdigungsfeiern an, mit Mut zu Extravaganz (nicht, was alle schon immer gemacht haben). Auf jeden Fall etwas von der Persönlichkeit des Verstorbenen performen. Z.B. durch Symbole: Sprachsymbole, Musiksymbole oder auch Bildsymbole installieren…

Wichtig: Die Marke dieser neuen Beerdigungskultur prägen… mit dem richtigen Beerdigungsinstitut als Partner geht es. Ich biete meinen Namen als Marke an (Siehe oben: Bauern unterzeichnen mit ihrem Namen Eier, warum ich nicht durch meinen Namen Beerdigungen. Mehrwert durch Unterschied). Mit diesem Markennamen und meinem Konzept könnte ich auch die Menschen beerdigen, die keine spezifisch christlichen Bestattungen wünschen (freier Beerdigungsredner) und mit entsprechendem Honorar deutlich machen, dass keine Mitgliedschaft zur Gemeinde bestanden hat.

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