Initiative neue Qualität

Ich plädiere für ein Bündnis von Kirche und Mittelstand in Deutschland, dass sie gemeinsam eine Qualitätsinitiative entwickeln, bzw. Synergien herstellen zwischen neuer Qualität der Arbeit und neuer Qualität des Lebens (Indikator: seelische Gesundheit). Hier könnten Natürliche Gemeinde-Entwicklung und Endlich-Leben-Gruppen die Brückeninstrumente sein.

Es begann mit der Globalisierung, nein im 19. Jahrhundert mit der industriellen Revolution, mit Marx und Engels, den sozialistischen Arbeiterbewegungen und der traditionsreichen, aber was die Arbeitswelt betraf eher unsensiblen Kirche?! Ja, der Paradigmenwechsel im Bereich der Arbeit, Arbeitsbedingungen, Arbeitszufriedenheit und Arbeitsqualität fing damals schon an.

Seit dem Wechsel von der Industrie- zur Wissensgesellschaft wird auch die Arbeitswelt wieder neu zu entwickeln sein. Warum?

  • Die Arbeit ist von der Knochenarbeit zur Wissensarbeit, Kopfarbeit geworden
  • Arbeitssicherheit hat weniger mit Technik als mit menschlichem Miteinander, gesunden Prozessen und weniger Leistungsdruck zu tun
  • Arbeit im 21. Jh. kann in vielen Bereichen gaben- und neigungsorientiert organisiert werden (wenn sie denn ausreichend für alle vorhanden wäre, siehe die Diskussion um das Grundeinkommen)
  • Arbeit ist ein Menschenrecht (zumindest schöpfungsgemäß braucht der Mensch etwas sinnvolles um die Hand, um den kreativen Schöpferauftrag umzusetzen).

Was ich heute wahrnehme:

Die psychische Gesundheit am Arbeitsplatz ist bei 33% der Krankheitsfälle das Problem. Das kostet der Wirtschaft Milliarden.

 „Die psychosozialen Belastungen der modernen Gesellschaft werden erheblich unterschätzt. Seelisch überlastete Personen erhalten zu spät Beratung sowie Hilfe und psychisch Kranke zu spät eine Behandlung.“
Im Jahr 2004 fehlten 100 Versicherte 0,6 Tage aufgrund von Burnout, im Jahr 2011 waren es schon neun Tage. Ihr Anteil an allen Fehltagen aufgrund psychischer Erkrankungen ist aber noch gering. Im Jahr 2011 waren 100 Versicherte rund 200 Tage aufgrund seelischer Leiden arbeitsunfähig. Im Vergleich zu psychischen Erkrankungen machen die Ausfälle aufgrund von Burnout also nur 4,5 Prozent der Fehltage aus. BERICHT der PSYCHOTHERAPEUTENKAMMER

Wenn wir in Zukunft global gesehen wettbewerbsfähig bleiben wollen, müssen wir seelisch gesund, arbeitsfähig und arbeitsmotiviert bleiben, um die Spezialkenntnisse, die jeder Mensch in Deutschland sich aneignet, nutzbringend einzubringen.

Dabei ist das Modewort BURNOUT (hier der grundlegende Orientierungsartikel )oft genutzt, um dieses postmoderne Phänomen von Stressbelastung zu beschreiben.

Relevanz

Das Thema Burnout hat neben dem persönlichen Leid auch eine hohe gesundheitsökonomische und gesundheitspolitische Relevanz. Die Arbeitsunfähigkeitsanalysen (AU-Berichte) der gesetzlichen Krankenkassen zeigen, dass der Anteil an psychischen Erkrankungen in den Betrieben rund ein Drittel des Krankenstandes ausmacht. Häufig betroffen sind die Branchen Dienstleistungen, Öffentliche Verwaltung und Banken/Versicherungen. Jeder Fehltag kostet einem Unternehmen (je nach Branche) durchschnittlich zwischen 300 bis 400 EURO. Präventionsexperten gehen davon aus, dass für jeden investiertem EURO in Präventionsmaßnahmen nach Berechnungen des Returns on Investment ca. 2-6 EUR an das Unternehmen zurückfließen.

Was wird dagegen getan?

Schon viel. Die Initiativen sind unterschiedlich

  • Psychische Gesundheit am Arbeitsplatz „In einem ersten Schritt setzt psygesa diese fachlich begründete Forderung in ein konkretes Beratungsangebot in Form einer Selbsthilfe für Unternehmen und ihre Mitarbeiter um. In weiteren Schritten werden aus psygesa weitere Initiativen zur betrieblichen Prävention psychischer Belastungen und Erkrankungen hervorgehen.“
  • Arbeitspsychologen, DEKRA „In den Unternehmen gehen von der Technik immer weniger Gefahren aus; an die Stelle des klassischen Unfalls bei der Arbeit treten innere Kündigung und Burnout. Bei der heutigen Vorstellung des DEKRA Arbeitssicherheitsbarometers 2011 forderten DEKRA Experten die Unternehmen auf, dem Arbeits- und Gesundheitsschutz mehr Beachtung zu schenken und ihn als Investition in die Zukunft zu begreifen. Durch  Ausfallzeiten entsteht der deutschen Wirtschaft nach offiziellen Zahlen ein Schaden von jährlich 43 Mrd. Euro.“
  • Psychotherapie: „Die Autoren Kaschka, Korczak und Broich plädieren vor allem für Maßnahmen, die zu Veränderungen der Arbeitswelt im Sinne einer umfassenden Humanisierung führen sollten. Humankriterien der Arbeitsgestaltung wurden bereits als DIN EN ISO 9241-2 formuliert. Demnach sind Arbeitsaufgaben gut gestaltet, wenn
    • die Erfahrungen und Fähigkeiten der Beschäftigten berücksichtigt werden;
    • sie die Entfaltung unterschiedlicher Fertigkeiten und Fähigkeiten gestatten;
    • sie Arbeitsschritte von der Planung bis zur Kontrolle ermöglichen;
    • der Arbeitende seinen Beitrag am Gesamten erkennt;
    • angemessener Handlungsspielraum besteht;
    • ausreichende Rückmeldung erfolgt und
    • vorhandene Fertigkeiten genutzt und neue entwickelt werden können. „
  • Beratung hilft: „Mehr als 10 Millionen Menschen in der Bundesrepublik Deutschland leiden – zumindest vorübergehend – unter psychischen Störungen. Besonders häufig sind Ängste und Depressionen und das Gefühl, den Anforderungen des Alltags nicht (mehr) gewachsen zu sein. Diese Störungen führen oftmals dazu, dass Menschen an starken Einschränkungen in ihrem Leben leiden. Probleme in der Arbeitswelt, Einsamkeit und der Rückzug aus dem sozialen Leben sind häufig die Folge davon.Mit der Website „beratung-hilft.de“ wollen wir Menschen in psychischer Not ein Angebot zur Hilfe unterbreiten. Hier können Sie sich über unterschiedliche Formen psychischer Störungen informieren oder sich mit Hilfe von Online-Tests ein Bild Ihrer eigenen Problembelastung verschaffen. Kernelement von „beratung-hilft.de“ ist jedoch die Beratung.“
  • Angstproblemeweit verbreitet…“Rund ein Drittel der Krankheitslast in Europa – gemessen in DALY* – ist nach Angaben des internationalen Forscherteams auf psychische Störungen zurückzuführen, obwohl diese Erkrankungen in den seltensten Fällen tödlich verlaufen. Bereits 2005 hatten die Forscherinnen und Forscher eine umfassende Studie zur Verbreitung psychischer Erkrankungen in Europa veröffentlicht. Damals lag ihre Schätzung noch bei 27 % psychisch Erkrankter in Europa – gegenüber 38,2 % in der aktuellen Studie. Diese Diskrepanz erklären sie mit der Ausweitung der einbezogenen Krankheiten. So wurden in die aktuelle Studie beispielsweise auch an Borderline Erkrankte, Demente und geistig Behinderte einbezogen. Zudem wurde die 2005er Studie um Jugendliche und Personen über 65 Jahren ausgeweitet.“
  • Initiative neue Qualität der Arbeit

Die Initiative neue Qualität der Arbeit bündelt viele Subnetzwerke, BeraterInnen, Mittelstandsförderung, Bundeswirtschaftsministerium u.a., um auf die zwei Stärken der deutschen Arbeitswelt zu fokussieren:

  1. Arbeitsqualität, Innovation
  2. gutes Betriebsklima

Dazu gibt es einen sehr interessanten Beratungsansatz mit Hilfe eines internetgestützten Werkzeugs: „Der INQA-Check guter Mittelstand

Mit Hilfe dieses Analyseinstruments versucht man, einem Familienunternehmen (1 Boss, plus 2-wenige Führungskräfte) Hilfen an die Hand zu geben, ihre Stärken zu optimieren und Probleme ausfindig zu machen. Integriert ist eine Selbstanalyse von 11 Bereichen, die die Wertschöpfungskette als Orientierung nutzen.

Wie geht es konkret?

  • Neuralgische Felder auswählen
  • 4-6 Felder abchecken durch 4-5 Fragen: Handlungsbedarf oder nicht?
  • Ergebnisse periodisieren
  • Aktionen mit Zuständigkeiten definieren und terminieren.
Eine logische Vorgehensweise, finde ich.
Was kann Kirche davon lernen?
Wenn wir Kirche hier mal als kleines mittelständiges Unternehmen betrachten (1-2 PastorInnen, 12-20 Führungskräfte, KV), sollten ähnliche Prozesse abbildbar sein.
  • Ja, es gibt ähnliche CHECKMETHODEN. Auf solchen Werkzeugen basiert die Natürliche Gemeinde-Erneuerung. Da gibt es ein umfangreiches methodengeleitetes, empirisch orientiertes Abfragewesen, Selbstwahrnehmungstests (Organisationspsychologie).
  • Eigentlich müssten die Landeskirchen ähnliche Werkzeuge anbieten wie die INQA. Synergien schaffen zwischen vorhandenen Angeboten und Prozessklarheit durch genormte Vorgehensweisen wie im INGA-Check.
Wenn ich mir nun die Endlich-Leben-Gruppenbewegung anschaue, die ein empirisch orientiertes Werkzeug für die Arbeit an seelischer Gesundheit mit Hilfe christlich-spiritueller Ressourcen (Gruppe, Arbeitsbuch Endlich Leben!) anbietet, sehe ich folgendes Zukunftsbild:
Kirchen organisieren sich rund um das Thema QUALITÄT der Arbeit und des Lebens.
Damit bieten sie
  • sich selbst als Vorbild-Arbeitsorganisation an (eine hohe Messlatte!)
  • Endlich-Leben-Gruppen als Orte der Reflexion über seelische Gesundheit und Einübung dieser (Prävention und Intervention auf Selbsthilfebasis, ggf. Überweisung an Fachleute)
  • Seminare zu WORK-Life-Balance (Arbeitsorganisation, Lebensorganisation, Masterplanmodelle)
  • Heilungsangebote und Begleitung für Chronisch erkrankte, die oft aus der Begleitung herausfallen (Gebet, Beratung, Begleitung)
  • Qualitäts-Bewusstsein fördern und Qualität steigern durch Anwendung aller Prinzipien der Natürlichen Gemeinde-Entwicklung.

So könnten Kirchen einen spirituell begründeten, dem 21. Jahrhundert gemäßen und sich finanziell auswirkenden Beitrag zur Qualität im Gemeinwesen einbringen. Wäre das nicht eine coole Innovation?

Weiterführende Links der Psychotherapeutenkammer:

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