Neue Ansätze für Sozialarbeit – Selbsthilfe…

Vorwort

Sozialraumorientierung ist eines der neuen Paradigmen Sozialer Arbeit. Entwickelt aufgrund der Erfahrungen mit der Gemeinwesenarbeit in den 1970er Jahren und stadtteilbezogener Sozialer Arbeit in den 1980er Jahren und Ansätze der Sozialökologie sowie der Lebensweltorientierung aufgreifend, versteht sich sozialraumorientierte Soziale Arbeit als ein problem- und damit zielgruppen sowie bereichsübergreifender Ansatz Sozialer Arbeit. Er greift die Ressourcen von Menschen wie gleichermaßen von sozialen und räumlichen Lebenswelten der Menschen auf und arbeitet an der Stärkung der Selbsthilfekräfte und Eigeninitiative seiner Adressaten (vgl. Hinte 2005). Ausdruck von Sozialraumorientierung sind dementsprechend im Sinne von Selbsthilfe engagierte Klienten Sozialer Arbeit sowie engagierte Bürger eines Gemeinwesens.

Im Rahmen von Milieuaktivierung versuchen Wohlfahrtsverbände – konfessionelle Wohlfahrtsverbände insbesondere in Kooperation mit ihren Kirchen und Kirchgemeinden – dies auch in Bezug auf ihr Milieu umzusetzen. Die sogenannten Eigen-Milieus1 werden durch eine entsprechend ausgerichtete Soziale Arbeit in ihrer Selbsthilfe und in ihrem Engagement gestärkt, um sich stärker mit dem Verband und seinen Zielen zu identifizieren, ihre Beziehungen zu stabilisieren und sich stärker freiwillig zu engagieren (vgl. Albrecht 2007). Ausdruck von Milieuaktivierung sind dementsprechend engagierte Mitglieder und Kooperationspartner.

Beide Ansätze stellen eine Herausforderung für die klassische Soziale Arbeit dar, da diese – hauptamtlich konstituiert – vorrangig auf bedürftige und benachteiligte Klienten bezogen ist und vor allem diesen Bezug in den letzten Jahren immer stärker professionalisiert hat. Zusätzlich musste sie lernen, sozialstaatliche Dienstleistungen zu erbringen, sich auf einem politisch inszenierten Markt zu behaupten und sich der Ökonomisierung zu stellen (vgl. dazu Dahme/Wohlfahrt 2000).

Im Prinzip geht es den beiden Ansätzen, von denen nur die Sozialraumorientierung für konfessionelle Wohlfahrtsverbände wirklich neu ist, um einen Paradigmenwechsel: Weg von der vorgefassten Defizitdefinition hin zu mehr Offenheit auch für Ressourcen, weg von der Problembearbeitung hin zur Ressourcenaktivierung, weg von der Einzelfallhilfe hin zur Arbeit mit und an Beziehungen zwischen Menschen und ihren auch räumlich beschreibbaren Lebenswelten, weg von der Dyade Sozialarbeiter-Klient hin zur Triade Sozialarbeiter-Klient-Ehrenamtlicher.

Wie eine so verstandene Soziale Arbeit in einem konfessionellen Wohlfahrtsverband gelingt, ist die Hauptfrage des vorliegenden Buches.

Mitgearbeitet daran haben Klaus Skalitz, Steffi Bodenstein, Roland Roth, Hans-Liudger Dienel, Bernadette Albrecht, Mario Junglas, Mirko Wolff, Paul Albrecht und viele Sozialarbeiter, die Auskunft darüber gaben, wie sie arbeiten, wie es ihnen damit geht und was sie über ihren Arbeitsalltag hinaus für Visionen für die Soziale Arbeit und ihren Wohlfahrtsverband haben. Ihnen allen sei von Herzen gedankt.

Peter-Georg Albrecht, Magdeburg im Mai 2008.

1 Der Begriff Milieu soll hier anders als in den sogenannten Sinus-Milieu-Studien, aber auch anders als in einfachen Schichtmodellen verstanden und verwendet werden. Er bezieht sich nicht auf Habitus und Alltagsgestaltung (Sinus-Milieus) bzw. Einkommensunterschiede (Schichtmodell), sondern auf Zugehörigkeiten und (politische) Präferenzen der Menschen.Neue

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